Natürlich spielt Narzissmus in der Paartherapie eine große Rolle. Das bedeutet nicht, dass wir immer auf voll ausgeprägte Persönlichkeitsstörungen treffen, aber sehr oft auf narzisstische Akzentuierungen. Das bedeutet, dass es für eine Diagnose nicht reichen würde, aber die narzisstischen Persönlichkeitszüge dennoch so ausgeprägt sind, dass sie zu Problemen in der Beziehung führen. Über Narzissmus wurde und wird viel geschrieben und wir wollen uns nicht mit einem Artikel einreihen, der Allgemeines über diese Persönlichkeitsstörung schreibt. Vielmehr wollen wir etwas tiefer einsteigen, und zwar mit einer sehr interessanten Unterteilung in die 3 Subtypen: erfolgreiche, gescheiterte und erfolglose Narzissten und die Implikationen für Paarbeziehungen.
Erfolgreiche Narzissten zeichnen sich durch ihre Selbstsicherheit, Ausstrahlung und charismatische Persönlichkeit aus. Sie können im Beruf oder in sozialen Kreisen oft erfolgreich sein und bewundernde Blicke auf sich ziehen. Dieser Subtyp ist oft in der Lage, seine narzisstischen Züge so zu kontrollieren, dass sie gesellschaftlich akzeptiert werden. Die Kehrseite ist jedoch, dass sie in persönlichen Beziehungen oft Schwierigkeiten haben, echte emotionale Nähe zuzulassen und dementsprechend stabile Bindungen kaum möglich sind.
Gescheiterte Narzissten haben den Anspruch, erfolgreich zu sein, aber geringes Autonomieniveau und können oft ihre Ziele nicht erreichen. Da sie ihre eigenen Bedürfnisse und Gefühle nur unzureichend wahrnehmen können, orientieren sie sich an den Erwartungen anderer (oft wichtige Bezugspersonen) und versuchen diese zu erfüllen.
Nicht selten wird auf diesem Hintergrund eine falsche Berufswahl getroffen und dann stecken sie nicht selten fest: z.B. das Studium weder beenden noch abbrechen können. Die Bewältigungsstrategien, damit umzugehen, sind nicht selbstkritisch, sondern exkulpierend: z.B. „Ich bin an meiner Prüfungsangst gescheitert!“ oder „An der Uni wird man ja auch völlig allein gelassen!“
Gescheiterte Narzissten haben dementsprechend oft Schwierigkeiten, Verantwortung für ihre Misserfolge zu übernehmen und suchen stattdessen nach externen Sündenböcken. In Beziehungen kann dies zu Konflikten führen, da sie Schwierigkeiten haben, die Bedürfnisse ihres Partners zu erkennen und durch die geringe Selbstwahrnehmung ist es schwer, emotionale Nähe aufzubauen. Wenn die eigenen Bedürfnisse und Emotionen nicht wahrgenommen werden, dann ist es unmöglich diese mitzuteilen.
Erfolglose Narzissten sind die „verkannten Genies” und charakterisiert durch eine Kombination aus geringem Selbstwertgefühl und keine Bemühungen, dieses zu kompensieren. Wenn man es genau nimmt, kann man hier zwei weitere Subtypen unterscheiden:
Typ I: gar kein Leistungsverhalten und keine Kompensationsbemühungen für den geringen Selbstwert.
Typ II: im Leistungsverhalten deutlich hinter (intellektuellen) Möglichkeiten bleiben. Bei diesen Typen könnte man das illusionäre positive Selbstbild als Kompensation bezeichnen.
Hier findet man auch viele exkulpierende Strategien: „Niemand hat mich gefördert.“, „Alle waren gegen mich.“, „Man hat mir keine Chance gegeben.“ Für die Misserfolge wird die Ursache immer außerhalb der eigenen Person gesucht und sich erfolgreich geweigert, die Verantwortung für den eigenen Misserfolg zu übernehmen.
Dieser Subtyp ist oft in einer Illusion von Grandiosität gefangen, die von der Realität weit entfernt ist. In Beziehungen können erfolglose Narzissten unter starken Selbstzweifeln leiden und durch die permanente Suche nach Bestätigung ihre Partner überfordern.
Es ist wichtig zu erkennen, dass alle drei Subtypen von Narzissten ihre eigenen Herausforderungen in Beziehungen mit sich bringen. Erfolgreiche Narzissten neigen dazu, emotionale Distanz zu wahren, auch wenn es sich anfangs für viele Menschen ganz anders anfühlt, weil sie einer Illusion von Bindung und Nähe auf den Leim gehen. Gescheiterte Narzissten haben Schwierigkeiten, Verantwortung zu übernehmen. Erfolglose Narzissten können hingegen durch ihre ständige Suche nach Anerkennung die Beziehung belasten.
In der Paartherapie ist es entscheidend, die individuellen Merkmale eines jeden Partners zu verstehen, um maßgeschneiderte Lösungsansätze zu entwickeln.
Insgesamt zeigt die Unterteilung in erfolgreiche, gescheiterte und erfolglose Narzissten, dass Narzissmus nicht einfach als homogenes Phänomen betrachtet werden kann. Durch die differenzierte Betrachtung können Therapeuten und Partner besser verstehen, wie sie mit den spezifischen Herausforderungen umgehen können, die jeder Subtyp mit sich bringt.
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