jemanden, den wir lieben, schlecht behandeln

Warum behandelt man Menschen, die man liebt, schlecht?

Für uns als Psychologen und Paartherapeuten ist es ein allzu bekanntes Phänomen: Menschen, die sich lieben, behandeln sich gegenseitig, na sagen wir mal, problematisch. Dieses scheinbar paradoxe Verhalten in Beziehungen und die Frage, warum wir Menschen schlecht behandeln, die wir lieben, obwohl es zu erheblichen Problemen in Beziehungen führt, wollen wir hier näher erläutern. Um diese Frage zu beantworten, lohnt es sich, einen genaueren Blick auf die tief verwurzelten psychologischen Mechanismen zu werfen, die unsere zwischenmenschlichen Beziehungen prägen. 

Psychologische Gründe, warum wir jemanden, den wir lieben, schlecht behandeln

Um das Phänomen des schlechten Verhaltens in der Partnerschaft zu verstehen, ist es wichtig, einen Blick auf unsere frühen Erfahrungen zu werfen denn Bindungsmuster häufig einen entscheidenden Einfluss darauf, wie wir uns verhalten, wenn wir jemanden lieben oder anders gesagt, eine enge Bindung aufgebaut haben. Diese Bindungsmuster werden in der Kindheit geprägt und beeinflussen, wie sich beide Partner miteinander verhalten, insbesondere in engen Liebesbeziehungen.

Warum Liebe uns häufig an die eigenen Grenzen bringen kann 

In unserer früheren Lebenserfahrung machen wir Erfahrungen mit Bindungspersonen, die uns sehr prägen. Wir entwickeln tief verwurzelte, automatische Denk- und Verhaltensmuster, die unsere Wahrnehmung der Welt und unser Verhalten prägen. Sie entwickeln sich als Reaktion auf wiederkehrende emotionale Bedürfnisse und Erfahrungen. Wenn diese Muster aktiviert werden, können sie unsere Beziehungsdynamik stark beeinflussen. Insbesondere in engen Beziehungen werden diese Muster oft getriggert, da sie mit starken emotionalen Bindungen verbunden sind. 

Nur Menschen, zu denen wir eine enge Bindung eingehen, können diese Muster triggern. Nur unsere Liebesbeziehungen haben also das Potenzial, uns tief zu verletzen, weil sie Zugang zu unseren innersten Gefühlen und Bedürfnissen haben. Aus Angst vor einer erneuten Verletzung neigen wir dazu uns abweisend bzw. schlecht zu verhalten. Damit ist die Antwort auf die Frage „Warum behandelt man Menschen zu wenig respektvoll, obwohl man sie liebt?“ nicht, dass man Kommunikationsprobleme oder eigentlich keine glückliche Beziehung hat. 

Wir Paartherapeuten nennen es Überkompensation, wenn wir versuchen, unsere emotionalen Bedürfnisse schützen wollen, indem wir unsere Verletzlichkeit verbergen und Verhalten zeigen, dass den Partner auf Abstand bringt. Dies kann verschiedene Formen annehmen, darunter Aggression, Rückzug, Manipulation oder Kontrollverhalten. Diese Verhaltensweisen stellen den Versuch dar, uns vor der schmerzhaften Aktivierung unserer alten Wunden zu schützen, aber gleichzeitig können sie die Qualität der Beziehung stark belasten und zu einem Teufelskreis aus Konflikten und Missverständnissen führen. 

Zusammengefasst kann man also sagen, dass unsere Angst uns verletzlich zu zeigen auch in einer gesunden Liebesbeziehung zu schlechtem Verhalten führen kann, man sich deswegen aber nicht weniger liebt. 

Bindungsängste und Verhalten in Beziehungen

Menschen, die Angst davor haben auf der Bindungsebene verletzt zu werden, neigen dazu, besonders empfindlich auf mögliche Verletzungen oder Ablehnungen zu reagieren. Sie können dazu neigen, ihre Partner zu testen oder sich selbst zu schützen, indem sie ungesunde Verhaltensweisen entwickeln. Diese Bindungsangst kann dazu führen, dass sie ihre geliebten Menschen unbewusst ablehnen oder abstoßen, um sich vor möglichen Schmerzen zu schützen.

Professionelle Hilfe zur Integration und Veränderung

Die Veränderung unserer ungünstigen, aber absolut nachvollziehbaren Verhaltensmuster erfolgt durch verschiedene therapeutische Techniken. Das Ziel ist immer eine gesunde Beziehung aufzubauen, die eigenen Bedürfnisse im Blick zu haben und sich für diese einsetzen zu können. Das bedeutet auch, dass unsere Klienten lernen, nicht selbstschädigend zu sein, indem Sie aus Angst vor Verletzung ihr eigenes Bindungsbedürfnis torpedieren. 

Es sind immer unsere engsten Beziehungen, die uns am meisten herausfordern und uns dazu bringen, unangemessen zu reagieren. Durch ein tieferes Verständnis unserer Muster und unserer Beziehungsdynamik können wir jedoch lernen, unsere Verhaltensweisen in Beziehungen zu reflektieren und zu verändern und daran arbeiten, eine stabile und liebevolle Beziehung aufzubauen.